Coole DDR-Architektur

#1 von Matrose , 27.04.2018 13:28

Auf Rügen wurden 2 Gebäude des Schalenbetonbaumeisters Ulrich Müther gerettet

Ein Musikpavillon und ein Rettungsturm im Ufo-Look.
Zwei Bauwerke des Schalenbetonbaumeisters Ulrich Müther (1934-2007) sind auf seiner Heimatinsel Rügen vor dem Verfall bewahrt worden.
Müthers Bauten seinen ein Beleg dafür, dass auch in der DDR anmutig, grazil und verspielt gebaut wurde.
Die Wüstenrot-Stiftung stellte daher für die Sanierung der Gebäude 700.000,- Euro bereit.
Denn die Bauten waren durch die salzhaltige Luft, Wind und bauphysikalische Probleme in den vergangenen Jahrzehnten stark in Mitleidenschaft gezogen worden.

Der weiße Rettungsturm der Binzer Strandwache mit seinen abgerundeten Kanten wurde 1981/82 erbaut. Dieser Rettungsturm galt als Experimentalbau. Die beiden Betonhalbschalen sind an der dünnsten Stelle nur 3cm stark. Da der Rettungsturm ohne Dämmung der Betonschale erbaut wurde, kondensierte von Beginn an im Inneren die Feuchtigkeit. Es entstand Schimmel mit der Folge, dass Holzeinbauten und Oberflächenbeschichtungen zerstört wurden. Eine Lüftungsanlage und dünne Heizfolien an den Betonschalen sorgen nun künstlich für ein gesundes Raumklima.
Der Rettungsturm dient künftig der Kommune als Standesamt.

Der futuristisch anmutende Musikpavillon in Sassnitz in den Jahren 1986-1988.
Beide Bauten sind sogenannte Hyparschalen - dünne Betonkonstruktionen, die große Spannweiten erlauben. Diese Konstruktionen waren extrem arbeitsaufwenig, aber auch sehr extrem materialsparend gewesen.

Der in Binz geborene Bau-Ing. Müther setzte der Nüchternheit des DDR-Betonplattenbaus kühn geschwungene Entwürfe entgegen. Seine gekrümmten Schalenbauwerke erlangten internationale Beachtung. Müthers Konstruktionen verkörpern eine bedingungslose Moderne, mit der sich der Staat gern repräsentiert sah.
Seine Bauten stehen (oder standen) auch in Libyen, Jordanien und Kuba oder wurden wie das Planetarium in Wolfsburg noch vor dem Fall der Mauer in der BRD errichtet.
Weltweit entstanden 74 Müthers-Bauten. Die Hochschule Wismar beherbergt das Müthers-Archiv und daher können alle Planungen und Vorgänge historisch nachvollzogen werden. Von diesen 74 Bauten sind inzwischen rund 30 Bauten abgerissen- darunter das bekannte "Ahornblatt" in Berlin im Jahre 2000.

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RE: Coole DDR-Architektur

#2 von Signalgast , 12.05.2018 22:48

Kritik an Umgestaltung des Platzes vor Müthers Kurmuschel
Sie strahlt schon seit Wochen, auch wenn sie eingesperrt ist: Die vom Schalenbaumeister Ulrich Müther entworfene und errichtete Sassnitzer Kurmuschel ist nach allen Vorgaben des Denkmalschutzes saniert und frisch gestrichen worden. Richtig nahe kommen die Einwohner und Gäste der schwungvollen Bühnenüberdachung aber nicht. Ein Bauzaun versperrt nach wie vor den Zutritt.„Wir sind leider noch nicht ganz fertig“, sagt Philip Kurz. Er ist Geschäftsführer der Wüstenrot-Stiftung, die das denkmalgeschützte Bauwerk des „Rügener Landbaumeisters“ saniert. Während die Arbeiten an der eigentlichen Muschel abgeschlossen sind, wird an den Nebengebäuden links und rechts noch gewerkelt. Wegen des Kälteeinbruchs um die Osterfeiertage herum habe man dort die letzte Farbschicht nicht wie geplant aufbringen können. Das wird jetzt nachgeholt. Auch die Bullaugen-Rahmen in den Garderoben-Häuschen bekommen noch einen frischen Anstrich.Bevor der Zaun abgebaut werden kann, muss auch noch der Boden der Bühne unter der Muschel gerichtet werden. „Das sind noch ein paar Restarbeiten. Damit sollten wir aber Ende des Monats durch sein“, kündigt Kurz an. Anfang Juni könnte die Muschel dann wieder als Veranstaltungsort genutzt werden.

Beziehungsweise wenn der Kurplatz fertig ist. Mit dessen Umgestaltung hatte die Stadt gewartet, bis die Wüstenrot-Stiftung die Sanierung der Kurmuschel abgeschlossen hat. „Wir wollen mit den Arbeiten voraussichtlich im Herbst beginnen“, kündigt Bürgermeister Frank Kracht an. Am Ende werden die Sassnitzer den Kurplatz womöglich nicht wiedererkennen. Die Stadt will das Areal in Form von zwei Ellipsen umbauen. Einem entsprechenden Vorschlag der Rahmenplanerin Erika Streubel hatte die Mehrheit der Stadtvertreter vor geraumer Zeit zugestimmt.Seitdem wurde darüber gestritten. Die Denkmalbehörde legte ihr Veto ein und forderte, dass der Platz auch weiterhin rechteckig sein solle. Dagegen wiederum protestierte die Stadt, woraufhin das zuständige Landesamt ein „Fachbüro“ mit einer eingehenden Untersuchung beauftragte. Im Endeffekt stimmten sie dem Sassnitzer Vorschlag unter Auflagen zu.

Philip Kurz und seine Kollegen von der Wüstenrot-Stiftung mögen sich das Ergebnis des Umbaus gar nicht vorstellen. Es sei sicher nicht zufällig, dass der Platz nicht so rund und geschwungen sei. Er stelle damit einen Gegenpol zur Muschel dar und unterstreiche ihre Einmaligkeit. „Zum Denkmal gehört nicht nur das Bauwerk an sich, sondern auch seine Umgebung“, sagt Kurz. Und die werde durch die Umgestaltung zerstört. Die Muschel mit dem jetzigen Platz und der Pergola gehörten zusammen und stellten ein einmaliges Ensemble dar, das es so kein zweites Mal gebe. „Das hat einen Wert, eine Tradition. Ich weiß nicht, warum das komplett getilgt werden soll, warum man das platt machen muss“, sagt er kopfschüttelnd. Für ihn ist es unverständlich, warum man in Sassnitz jetzt einen in den 80er Jahren verworfenen Entwurf umsetze, statt das Vorhandene zu erhalten und herzurichten. „Aber das Problem haben wir leider vielerorts bei Denkmalen aus jüngerer Zeit.“ Deren kulturhistorischer Wert werde oft unterschätzt.


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