Kabelwerk Fürstenwalde

#1 von Ben ( gelöscht ) , 28.12.2018 21:36

Das alte Fabrikgelände liegt direkt neben der Spree. Vor rund 100 Jahren arbeiteten hier fast 3.000 Menschen und stellten Kabel her. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die Truppen der damaligen Sowjetunion das weitläufige Areal und betrieben hier Werkstätten für ihre Geschütze. Nach der politische Wende lag die Fläche brach – bis Mitte der 1990er Jahre ein Bau- und Entsorgungs-Unternehmer aus Bad Saarow das Gelände erwarb und anschließend mehrere Abfall-Anlagen darauf betrieb.



Heute türmen sich zwischen maroden Produktionshallen mindestens 11.000 Tonnen Müll illegal auf.
Außerdem rosten auf dem Gelände riesige Tanks vor sich hin, aus denen Öl sickert und den Boden verunreinigt.

Niemand fühlt sich zuständig.

Angefügte Bilder:
Sie haben nicht die nötigen Rechte, um die angehängten Bilder zu sehen
Ben

RE: Kabelwerk Fürstenwalde

#2 von Storkow , 28.12.2018 22:15

So eröffnete Siegfried Hirschmann 1927 die Fürstenwalder Fabrik. Auf 150 Hektar standen Produktionshallen. Knapp 3000 Menschen verdienten dort ihr Geld. Dann kamen die Nazis an die Macht. Und Hirschmanns, die Juden, flohen nach Guatemala.
Das alte Firmengelände an der heutigen Boxhagener Str. in Berlin war inzwischen zu klein.

Hirschmanns mussten ihre Aktien 1939 zwangsverkaufen. 30 Prozent der Anteile hielten sie damals.
2009, nach 19 Jahren Rechtsstreit, habe die Bundesrepublik der Familie knapp 800 000 Euro zugesprochen. "Trinkgeld" nennt Hirschmann das. Den größten Teil des Geldes hätten die Anwälte bekommen.

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RE: Kabelwerk Fürstenwalde

#3 von Wiese , 28.12.2018 22:23

In der DDR waren das VEB Pneumant Reienwerke

Die Gebrüder Hirschmann expandieren rasant, sogar bis nach England und unweit von Berlin bei Fürstenwalde produzieren die Industriepioniere nicht mehr nur Kabel, sondern auch motorbetriebene Dreiräder und als erste weltweit Reifen aus synthetischem Kautschuk. Im Nachbarörtchen von Fürstenwalde, in Ketschendorf, bauen sie für die Mitarbeiter sogar eine Wohnsiedlung, die sogenannte DEKA-Siedlung

Unter dem Druck der Arisierungspolitik der Nazis verkaufen die Brüder ihre Firma: Die Hirschmanns sind Juden. Die Dresdner Bank übernimmt die Firma billig, verkauft die Aktienpakete für viel Geld an die (Hirschmann)-Konkurrenz, die "Rheydter Kabelwerke".

Während des 2. Weltkriegs wird das Fürstenwalder Werk zum Rüstungsbetrieb und nach 1945 wird die DEKA-Wohnsiedlung zu einem der berüchtigten Speziallager der Sowjets, zur Entmilitarisierung der Deutschen. Um die Wohnhäuser werden Stacheldraht, Bretterwände hochgezogen, Bewachungstürme und Scheinwerfern gebaut. Eine Küchen- und eine Lazarettbaracke werden hochgezogen, ein Bunker, um die Toten zu sammeln, bevor sie außerhalb des Lagers verscharrt wurden. Etwa 10.000 Zivilisten, Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche sind hier eingesperrt und 4620 sterben dort - an Hunger und Krankheiten. Sie werden hinter dem Lager in Massengräbern verscharrt. Erst 1952, als dort ein neues Wohngebiet erschlossen werden soll, werden die Toten entdeckt - und klammheimlich in einen nahegelegenen Kriegstotenfriedhof umgebettet.

Das einstige Kabelwerk wird in der DDR zum "VEB Reifenwerke" und firmiert ab 1990 wieder als Pneumant GmbH. Ab 1990 wird auch über das Leid im Internierungslager gesprochen, was zu DDR-Zeiten strengstens verboten war. Überlebende des Lagers und Angehörige verschollener Insassen initiieren bis heute jedes Jahr Gedenkveranstaltungen für die Tausende, die in dem Lager starben oder litten. Die jüdischen Wurzeln der einstigen DEKA-Siedlung und des Reifenwerks, das zu DDR-Zeiten bis zu 5000 Mitarbeiter beschäftigte, sind lange vergessen.

Quelle: MDR, Spur der Ahnen | 28.02.2018 | 21:15 Uhr


 
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zuletzt bearbeitet 28.12.2018 | Top

   

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