Falkenberg

#1 von Oderbruch , 03.08.2023 13:23

Falkenberger Papiermühle

Wer von Bad Freienwalde nach Falkenberg fährt, passiert nach 3/4 der Strecke in einer Linkskurve den unscheinbaren Ortsteil "Papierfabrik".

An diesem Ort erhielt am 1. April 1801 der aus Sachsen stammende Fabrikant Johann Gottlieb Meißner die Konzession zur Anlage einer Papiermühle.
Für den Bau der Fabrikgebäude erhielt er vom Staat sogar einen Zuschuss von 6000 Reichstalern.

Das dazu gehörende Grundstück von 4 Morgen kaufte Meißner dem Grundherren Carl Friedrich von Jene auf Cöthen ab. Eine in den Kaufvertrag aufgenommene Bedingung war allerdings, dass er sich , seine Familie und seine Arbeiter unter die Gerichtsbarkeit des Herren von Jena begeben musste.

Meißners Fabrik florierte zügig und machte 1805 mit 7 Arbeitern einen Umsatz von 3080 Talern. Verarbeitet wurden Alttextilien = Lumpen aus Berlin und der Umgebung von Falkenberg.

Nach dem Tod Meißners übernahm sein Sohn Friedrich Wilhelm die Fabrik. Und irgendwann danach ein Christian Klauke.

Wegen der Umorientierung der Papierfabrikation auf Holz anstelle von Lumpen und auf Maschinenbetrieb musste Klauke 1863 Konkurs anmelden.


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RE: Falkenberg

#2 von Oderbruch , 03.08.2023 13:55

1880 übernahm der jüdische Unternehmer Leopold Lask aus Krakau die Papiermühle und wandelte sie in eine Papierfabrik um.
Jetzt wurde Verpackungsmaterial sowie Rohpappen für die Dachpappenproduktion in Eberswalde hergestellt.

Lask starb 1905.
Im Ersten Welltkrieg fielen die beiden Söhne von Lask.
So das nach dem Ersten Weltkrieg ein Verwandter Namens Erhard Cohrs die Leitung der Fabrik übernahm.

1938 "arisierten" die Nazis den jüdischen Unternehmen, dass während des Zweiten Weltkrieges zeitweise stillgelegt wurde.

1946 überführte man die Fabrik in Volkseigentum, die ab 1960 als "VEB Rohpappenfabrik Falkenberg" und ab 1969 als " VEB Papierfabrik Wolfswinkel Werk II Falkenberg " firmierte.
1969 wurden nur wieder Rohmaterialien für Dachpappe hergestellt.
Ende 1969 wurde die Produktionsstätte aufgegeben.

Von 1970 bis 1992 befand sich in dem Gebäude ein Auslieferungslager des Versorgungskontor Papier und Bürobedarf Berlin.

Da die Treuhand und Nachfolger kein Interesse am Fortbestand des Standortes hatten, begann im September 1998 der Abriss der Fabrikgebäude und der Fabrikantenvilla.
Heute, 25 Jahre später, stehen die 28.800 qm immer noch zum Verkauf. Ein Schild an der Strasse B167 zeugt davon.

Nur das Fließ, das einst die Wasserkraft für den Antrieb der Kollergänge der Fabrik lieferte, sprudelt nach wie vor ins Tal.

Die Falkenberger Papiermühle mit ihrer fast 200 jährigen Geschichte existiert nur noch in der Erinnerung älterer Mitbürger.

Der Bundesdeutsche "Rechtsstaat" hatte kein Interesse auch nur einen Stein auf dem anderen zu lassen. Selbst die denkmalgeschützte Heißdampfventilmaschine durfte nicht gerettet werden und wurde mit behördlicher Genehmigung verschrottet.
Die große Dampfmaschine wurde 1922 von der Richard Raupach Maschinenfabrik Görlitz GmbH gebaut. Sie war 8 m Lang und mit einem Antriebsrad von 3 m Durchmesser und einen Zylinder von 1,5 m Länge.
Dampfmaschinenfans konnten nur die zwei Firmenschilder von der Maschine bergen.

Nun stehen dort direkt an der B 167 nur noch drei Einfamilienhäuser und ein Verkaufsschild und viel Gebüsch.

Verwertbare Geschichte musste halt vernichtet werden. Der neue Staat wollte und will es so.


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RE: Falkenberg

#3 von Oderbruch , 03.08.2023 14:06

Aus der jüdischen Fabrikantenfamilie Lask ging die Tochter Berta hervor (1878 - 1967 ).
Sie wurde eine in den 1920ger Jahren bekannte und viel gelesene Schriftstellerin. Bereits 1906 verfasste sie das bekannte Drama "Die Päpstin". Nicht zu verwechseln mit dem gleichlautenden Roman von Donna Cross von 1996.

1933 emigrierte sie in die UdSSR. Ihr Sohn wurde 1938 wegen Spionage zu Verbannung nach Archangelsk verurteilt.
1953 durfte sie in die DDR ausreisen und lebte bis zum Tod in Ost-Berlin.


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