Herbst 1989

#1 von gostbuster , 20.06.2016 21:33

Wie war das im heißen Oktober 1989 ?
Bei der VPB in Basdorf und anderen Orten gab es Sperrung der Fernsehräume in den Kompanien. Ging die NVA dieses Sache der Information-Abschneidung von Wehrpflichtigen auch so radikal an ?
In der Summe waren dies jedoch dumme Entscheidungen der Politoffiziere und letztendlich der Kommandeure.

 
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RE: Herbst 1989

#2 von saufnix , 20.06.2016 21:36

Kann ich mir nicht vorstellen, da nutzlos. Außer Fernsehen waren andere Medien auf dem Markt und der sogenannte Buschfunk.
Möglich das bei Euch eine externe Beeinflussung reduziert werden sollte wegen der Polizeieinsätze gegen die Aktivisten und Demos.

 
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RE: Herbst 1989

#3 von Holzmichel , 20.06.2016 21:37

In Bad Düben war der TV Raum nicht gesperrt....AK war Pflicht, damit man die Berichte über die subversiven Elemente sehen konnte.

Zum anderen waren die wartenden US im Kino untergebracht und dort wurden dann heroische Filme ("Panzerkreuzer Potemkin"
und alle von und über den 2.WK gezeigt)

Ja und unsere Politoffiziere wollten von uns Unterschriften haben, dass wir zu Hause kein ARD und ZDF sehen :lol:
In Düben war seit 88 Glasfaserfernsehkabel mit allen verfügbaren Sender verlegt worden. Vor der Kaserne blieb das Ende an der Mauer liegen.

 
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RE: Herbst 1989

#4 von Karl-Heinz Müller , 20.06.2016 21:39

Für die NVA wurden „für den Zeitraum vom 6.10.1989, 6.00 Uhr, bis zum 9.10.1989, 6.00 Uhr, Sicherheitsmaßnahmen festgelegt“. Allseitig waren die zum Einsatz kommenden Angehörigen der Streitkräfte auf ihren Dienst vorzubereiten.
Parks, Waffenkammern, Munitions- und Tanklager waren besonders zu sichern. In der Militärmedizinischen Akademie und im Lazarett Potsdam wa-ren zusätzliche Bettenkapazitäten bereit zu halten. Diese bei militärischen Übungen übliche Maßnahme bekam angesichts der politischen Lage eine andere Bedeutung: Man kalkulierte blutige Auseinandersetzungen mit Bürgerinnen und Bürgern ein. Zudem befahl der Minister, folgende Kräfte vorzubereiten und in Bereitschaft zu halten: ein Einsatzkommando des Wachregiments 2 in Strausberg mit 200 Mann, ein Mot.-Schützenbataillon des Mot.-Schützenregiments 2 in Stahnsdorf in Stärke von 350 Mann, eine Fallschirmjägerkompanie des Luftsturmregiments 40 in Lehnin, eine Hubschrauberstaffel, 6 Hubschrauber Mi-8T, mit Kräften und Mitteln der flugtechnischen Sicherstellung vom Hubschraubergeschwader 34 auf dem Flugplatz Brandenburg/Briest in der Bereitschaftsstufe 3 und ein Einsatzkommando von 300 Mann des Wachregiments Berlin. Die Kommandeure der Verbände und Truppenteile hatten bei Notwendigkeit weitere Maßnahmen zu treffen.
Diese Kräfte, bald meist als Hundertschaften bezeichnet, waren umstrukturierte, armeeuntypische, aber weiterhin militärische Formationen. Sie hatten Waffen und Munition mitzuführen, wobei die Frage des Schusswaffengebrauchs offen gelassen wurde. Dieser Einsatz war dem Befehl des Ministers vorbehalten.
Zur Gewährleistung der Führungsbereitschaft in den verschiedenen Bereichen des Ministeriums, in den Kommandos der Teilstreitkräfte und den Kommandos der Militärbezirke mussten die Chefs außerhalb der Dienstzeit in ihren Wohnungen ständig erreichbar sein. Analoges galt für die Verbände und Truppenteile der Teilstreitkräfte.

Weiter war in der Anlage 1 zum Befehl festgelegt, Vorkommnisse auch dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zu melden. Damit wurde die Meldepflicht in der Armee auf die Staatssicherheit ausgedehnt, waren NVA-Angehörige zu einem Dienst für den Überwachungs- und Unterdrückungsapparat verpflichtet. Außerdem verfügte der Minister, eine verstärkte Grenzsicherung vorzubereiten, während der kein pionier- und signaltechnischer Ausbau an der Staatsgrenze der DDR zu Berlin-West durchgeführt werden durfte und weitere Maßnahmen für die Grenztruppen der DDR, auf die hier nicht einzugehen ist.

Für eine solche Verwendung waren die Führungsorgane der Armee und die Soldaten weder bestimmt noch ausgerüstet und ausgebildet. Sie verstieß gegen die Verfassung der DDR, die der NVA und den anderen Organen der Landesverteidigung nichts anderes als den Schutz „gegen alle Angriffe von außen“ übertrug.
Durch den Befehl wurde die NVA in die Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols im Innern einbezogen, die Aufgabentrennung zwischen Armee, Polizei und Staatssicherheit zeitweise aufgehoben. Mit den Direktiven und dem Befehl griff die DDR-Führung nach dem 17./18. Juni 1953 und dem 13. August 1961 ein weiteres Mal mit militärpolitischen und militärischen Maßnahmen in eine akute innenpolitische Lage ein. Es ist bemerkenswert, dass der Befehl nur einem kleinen Personenkreis bekannt gegeben wurde.

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RE: Herbst 1989

#5 von Panther ( Gast ) , 20.06.2016 21:40

>>> Weiter war in der Anlage 1 zum Befehl festgelegt, Vorkommnisse auch dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zu melden. Damit wurde die Meldepflicht in der Armee auf die Staatssicherheit ausgedehnt, waren NVA-Angehörige zu einem Dienst für den Überwachungs- und Unterdrückungsapparat verpflichtet. Außerdem verfügte der Minister, eine verstärkte Grenzsicherung vorzubereiten, während der kein pionier- und signaltechnischer Ausbau an der Staatsgrenze der DDR zu Berlin-West durchgeführt werden durfte und weitere Maßnahmen für die Grenztruppen der DDR, auf die hier nicht einzugehen ist. <<<

Aha - in die Meldung von Vorkommnissen wurde da erstmalig auch das MfS einbezogen.
Vermutlich konntest Du als Küchenbulle nicht wissen, daß der sogen. Vau-Null, dem schon immer so ziemlich alle Vorkommnisse gemeldet wurden, ein Mitarbeiter des MfS war.

Zu dem Rest dieses Beitrages möchte ich mich lieber nicht äußern ..........

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RE: Herbst 1989

#6 von TomTom , 20.06.2016 21:41

So hat eben jeder seine Ansichten der Dinge.
Genau so wie ich dann in den Kirchen erfahren musste, dass viele- ja sehr viele Menschen der angeblich vom Westen so hochgelobten und geförderten Oppositionsbewegung nicht einen deut gegen die DDR waren. Sie waren oft selbst Kinder dieser Republik.
Aber sie wollten gesellschaftliche Veränderungen. Einen besseren Sozialismus. Sie wollten nicht das System der BRD in der DDR. Diese Menschen mitzunehmen hat die SED versäumt.
Aber sie wurden verprellt, als Feinde des Staates gebranntmarkt, IM auf sie angesetzt, oft Nulpen von IMs.
@kabel- uns wäre viel erspart geblieben-
So jedoch haben andere Kräfte das Oberwasser bekommen.

 
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RE: Herbst 1989

#7 von Gregor , 20.06.2016 21:42

Sicher wäre uns viel erspart geblieben.
Und es ist auch richtig, daß unsere Partei- und Staatsführung von mal zu mal mehr nach dem Leitsatz: "Wer nicht für uns ist- ist gegen uns..." um sich biß. Dabei hätte sie überhaupt keinen Grund. Neben den vielleicht 30 % - 40 % treuen Mitkämpfern waren bestimmt noch einmal so viel, die dem Staat wohlgesonnen - zumindestens aber loyal gegenüber standen. Eine beruhigende Mehrheit.
Der Anzahl derer, die der DDR die Krätze an den Hals wünschte, war doch verhältnismäßig gering. Aber, sie stieg wohl doch im Verlaufe der Zeit und im Verlaufe der eklatanten Fehler in der Staatsführung. Hinzu kam, daß das Schaufenster BRD zu dem Wunsch bei trug, der DDR irgendwann den Rücken zu kehren. So bildete sich im Lawineneffekt langsam eine innere Opposition, die ihre Wurzeln in der Mangelwirtschaft der DDR und der Ausstrahlung des BRD-Konsums hatte. Die politischen Forderungen kamen erst viel später.
Zum MfS - natürlich gab es da einen Haufen Nulpen. Wie es auch bei der VP und der NVA einen Haufen Nulpen gab.
Man solle nun nicht immer nur auf das MfS starren, wie das Karnickel auf die Schlange. Seit der Wende hat es die Partei der Arbeiterklasse hervorragend geschafft, sich aus der Schußlinie zu lavieren und die ganze Wut des Volkes auf das MfS zu lenken. Hier wurde beabsichtigt, daß man den Sack schlug, wenn man den Esel meinte. Offensichtlich auch mit Erfolg.
Alle starrten auf die Zähne des Hofhundes, während der Bauer seine Hände in Unschuld wusch.
Nicht nur die BRD hat das DDR-Volk über den Tisch gezogen - vorher begann die SED damit, es nach aller Herzenslust zu bescheißen...

 
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RE: Herbst 1989

#8 von Robert , 20.06.2016 22:00

Tja- mein wunderrotes SED-Sparbuch habe ich noch im Schrank- eventuell gewinnt es doch einmal an Wert.
Dabei fällt mir ein: Mein Vater lebte damals noch. Als Gysi neuer Parteivorsitzender wurde, seine Rede redete und Gysi dann einen Besen geschenkt bekam um den alten SED-Muff aufzufegen/auszumerzen----- saß er eine Weile fassungslos im Sessel, stand langsam auf und warf sein SED Parteibuch ins Feuer des Kamins.

 
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RE: Herbst 1989

#9 von Feldwebel , 20.06.2016 22:01

Ja, der Herbst 89. Jedes Jahr um Oktober/November geht das Erinnern los.
Damals waren damals die Sprüche noch klar:
Mauer- NEIN
DDR- JA
Völkerfreundschaft- JA

Wer dann das Ei mit der "Deutschen Einheit" legte....
Das kann unmöglich aus der DDR-Bewegung gekommen sein. Auch wenn sich manche Träumer immer noch gegen den Aspekt geheimdienstlicher Steuerung der ganzen Sache verwehren. So wird es wohl gewesen sein.

 
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RE: Herbst 1989

#10 von Raduga , 20.06.2016 22:02

Markant wurde in Leipzig die Losung: "Wie sind das Volk" geprägt.
Jedoch ging nie einer der Bürgerbewegten aus Leipzig darauf ein, dass dies nicht auf ihren Mist gewachsen ist. Diese Losung brachten erst die "kirchlichen" Kontaktleute aus der BRD mit in einen dieser Kirchengebete. Kirchlich in Anführungszeichen, weil sie sich so ausgaben und zu den Ostpfarrern die Kontakte hielten. Andere Informationen sagten nämlich anderes aus. Das diese Menschen eben nicht aus Kirchenkreisen im westen kamen. Diese Personen steuerten dann die Demoaktionen und gaben Handlungsräume vor.
Ich war damals in BEL Neubrandenburg . Die BEL und KEL waren ja zur Besetzung ausgelöst worden . Bei uns war es verhältnismäßig ruhig. Aber die Informationsrundschreiben und Berichte des MfS gaben vorgenante Daten her.
Ich will nicht verhehlen, auch wir waren uns überaus unsicher im Umgang mit der Situation. Denn die Kompliziertheit überall brachte der Umstand, nicht nur diese Friedensspinner ( Schwerter zu Pflugscharen) gingen auf die Strasse. Es war auch die Intelligenz, Personen aus Verwaltungen, Arbeiter, Kampfgruppenangehörige, SED-Mitglieder.... Also ein Personenkreis ohne den Makel eines ideologischem Feindes.
Diese Unsicherheit machte dann Handlungsunfähig. Entscheidungen dagegen vorzugehen waren einfach unter diesen Umständen nicht möglich.
Dann die Mitteilungen aus Leipzig über Weigerung bestimmter zusammengezogener Uniformträger gegen die Menschenmassen vorzugehen.
Damit blieb nur der Weg von Waffengewalt durch Getreue Genossen. Was dann dabei herauskommt hatte Peking gezeigt. Damals zwar durch Freundschaftsräson durch DDR gut geheißen- aber selbst in der DDR umsetzen wollte dies keiner.
Die größeren Montagsdemos in den 3 Nordbezirken der DDR begannen dann ja erst, da ging in Leipzig schon keiner mehr hin. Nordlichter sind eben von Natur her Spätzünder.

An die Zweifler von Westeinflüssen: Sehr wohl lagen uns Direktberichte über eine großangelegte Subversionsaktion westlicher Geheimdienste vor. Ob ihr das nun einsehen wollt oder nicht.
Diese angebliche arabische Revolution zeigt doch Parallelen in der Machart.

 
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RE: Herbst 1989

#11 von bobby , 20.06.2016 22:04

Einige wenige dieser Menschen ging es dann aber auch wesentlich besser. Als sie selbst wenig später die so sehr belämpften Privilegien in Anspruch nehmen konnten.

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RE: Herbst 1989

#12 von Minolpirol , 20.06.2016 22:05

Wie ein Genosse das Ende der DDR erlebte:

http://www.uni-leipzig.de/fernstud/Zeitzeugen/zz164.htm

 
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RE: Herbst 1989

#13 von Luftikus , 20.06.2016 22:06

Guter Artikel, der eigentlich die damalige Situation treffend beschreibt. Natürlich gab es örtlich Unterschiede, aber generell konnte man doch nicht mehr von der höchsten --der PARTEIDISZIPLIN --sprechen !!

 
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RE: Herbst 1989

#14 von Torsten , 20.06.2016 22:07

Eigentlich ist doch egal wo eine Person lebt. Sie muß sich überall drehen um mit den Hintern an die Wand zu kommen.
Auch das Neue Forum wollte nur eine bessere DDR. In die Hände der BRD trieb sie die Allmacht eines SED-Politbüros. :!:

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RE: Herbst 1989

#15 von Egon , 20.06.2016 22:08

>>> Auch das Neue Forum wollte nur eine bessere DDR <<< Davon wollen diese Jungs und Mädels aber heute nichts mehr wissen ...
In der Wendezeit gab es keine Allmacht eines Politbüros mehr, welches sie in die Hände der BRD treiben konnte.
Aber da hat dann wohl die DM die Rolle des Politbüros übernommen und sie in die Hände der BRD getrieben ...

 
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