sozialistisches Musterdorf

#1 von gostbuster , 07.11.2016 23:23

Zur Industriealisierung der Landwirtschaft und Angleichung von Stadt und Land ließ die SED sozialistische Musterdörfer errichten. Ach der Norden der DDR war betroffen.
Mir sind noch geläufig: Dedelow und Ferdinandshof.
Gibts Bezüge dazu ?

Die Angleichung der Lebensbedingungen von Arbeitern und Bauern waren ein Ziel. Wie sollte dieses gezeigt oder symbolisiert werden.
So war die Schaffung der Musterdörfer doch eine gute Sache. Testen wie was funktioniert.
Leider verkamen die Musterdörfer zu Objekten des Protzens in der Öffentlichkeit. So lebe man jetzt auf dem Lande im Sozialismus und zig Delegationen wurde dieser (falsche) Erfolg vorgeführt.
Das 99% der Dörfer nicht einmal fließend Wasser hatten ( sinngemäß) wurde unter den Tisch gekehrt.
Für die DDR Oberen war die DDR Landwirtschaft wie diese Musterdörfer. Noch so eine Lüge der DDR.

 
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RE: sozialistisches Musterdorf

#2 von Ben ( gelöscht ) , 07.11.2016 23:29

Man nennt so etwas wohl auch "Potemkin´sche Dörfer".
Mit diesen 99 % Plumpsklo-Dörfern wäre ich allerdings sehr zurückhaltend.
Weil es schlichtweg Unsinn ist. Sicher mag es Dörfer gegeben haben, wo die Pumpe auf dem Hof noch in Betrieb war und 1 x im halben Jahr der Jauchewagen kam, aber doch bitte nicht (fast) ausschließlich.
Das passt sicher nicht hierher, aber die meisten Dörfer (selbst mein fernabgelegenes Harzdörfchen) wurden in den 20er Jahren - spätestens beim alten Adolf - mit fließend Wasser versorgt. Ebenso mit Strom. Das war also nicht unbedingt eine Errungenschaft des Sozialismus.
Richtig ist, daß sich unsere Partei- und Staatsführung gern solche Musterdörfer und -Einrichtungen vorführen ließ, um sich wieder einmal ihre Meinung über den sieg- und segensreichen Weg des Sozialismus bestätigen zu lassen. Ich bin geneigt zu glauben, daß die von dem, was sie sahen und was ihnen als angebliche Realität vorgeführt wurde, fest überzeugt waren.

Ben

RE: sozialistisches Musterdorf

#3 von Tom , 07.11.2016 23:31

Manche Dörfer streuben sich jetzt noch gegen den Anschluß an das (Ab)Wassernetz.
Wollen lieber ihre Jauchegruben behalten oder ihre Kacke in den nächsten Bach fließen lassen.
Das ist Fortschritt, 25 Jahre nach dem Sozialismus.

 
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RE: sozialistisches Musterdorf

#4 von Ben ( gelöscht ) , 07.11.2016 23:32

Ganz so ist es nicht.
Es würde sofort zur Sperrung einer solchen "Kläranlage" durch den Staat kommen, wegen akuter Umweltgefahr.
Wogegen sich einige streuben, ist der Zwangsanschluß an das öffentliche Abwassernetz, weil sie im Besitz einer eigenen sicheren Kläreinrichtung sind.
Dass von diesen Bio-Kläranlagen so gut wie keine Umweltgefährdung ausgehen, kann man ausgehen, sonst wären diese längst gesperrt worden.
Die Zwangsanbindungen an das allgemeine Abwassernetz beruht auf den Fehlplanungen der Anfang 90er Jahre, als profitorientierte westelbische Berater den Kommunen völlig überkapazitierte Kläranlagen aufschwatzten. Diese rentieren sich so gut wie nicht, da die Anzahl notwendiger Verbraucher gar nicht vorhanden ist. Also wurde per Ukas eine Zwangsanbindung aller Hauseigentümer veranlasst.
Aber "Elekrich Lich un Wasserauswand" hatten die Gehöfte schon ...

Ben

RE: sozialistisches Musterdorf

#5 von Z... ( Gast ) , 07.11.2016 23:34

@zahnrad schrieb:
So ist es---nichts mit ,, Kacke'' in Bach. Da Zufluss Trinkwasser = Abwasser lohnte es sowieso nicht mehr. Unterwasser zähler für ,, Gartenwasser'' unberücksichtigt.
Bsp. Trinkwasser-1Kubik= 1,12 E---1-Kubik-Abwasser = 6.61 E. Früher: zBsp. 200-Kubik Verbr. ---wenn überhaupt ! 5-Kubik abfahren-REST ??? Riegel vor---1:1 also käme die Frage --wo ist nun Wasser hin ??--dehalb diese Lösung--für viele sehr unangenehm!!
Abwasser gruben= Dichtheitsprüfung ,, gewünscht !! '' Bio-Anlagen lohnen--aber bei Anschluß an ,, öffentliche Entsorgung = Fehlinvestition. Und zu den Dörfern--guck sie Dir an--nicht mehr soz. Musterdörfer--aber doch zu Dörfern mit Wohlfühlcharakter-geworden --auch OHNE 10 Bullen+ 16-Schweine im Stall !!--denn Geld war in den Dörfern meistens schon vorhanden

Z...

RE: sozialistisches Musterdorf

#6 von Junior , 07.11.2016 23:35

Das ist völlig richtig.
Der Bäcker und der Tante-Emma-Laden wurden durch die großen Einkaufszentren auf der Grünen Wiese kaputt gemacht. Die Kneipe war nicht mehr rentabel, weil viel zu teuer - schon aus Wendezeiten, wo es noch keine Notwendigkeit zur Preissteigerung gab. Da holten sich nach der Wende die Leute lieber das Bier beim Discounter.
Verschärfend zum Zustand der Dörfer kommt hinzu, dass viele junge Leute abwandern. Dorthin, wo es Arbeit gibt. Und das ist meist der Westen.
Das Arztproblem ist generationsbedingt. Die jungen Ärzte wollen schick im weißen Kittel in einem Krankenhaus bei regelmäßiger (sicherer) Bezahlung arbeiten.
Landarzt heißt, neben eigenem finanziellem Risiko einen Knochenjob leisten, der zudem von den Kassen noch mies honoriert wird. Und lukrative Privatpatienten gibt es auf den Dörfern kaum.
Diese Dörfer sterben - wenn sich der momentane Trent nicht umkehrt - innerhalb der nächsten Generation aus ...

 
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RE: sozialistisches Musterdorf

#7 von Z... ( Gast ) , 07.11.2016 23:37

@zahnrad schrieb:
Wie überall--es gibt solche und solche Dörfer.Selbstverständlich ist die Nähe ( um die Ecke) zu einer ,, Großstadt '' wie CB schon von Vorteil ,aber hier im Ort ist eben doch alles notwendige vorhanden.Kann natürlich auch eine Ausnahme sein-aber bei uns lebt es sich ganz gut. ABER--San. Neubauwohnung noch in CB vorhanden--70-m bis zum Hausarzt--mit Rollator gut zu erreichen--man wird ja älter und man weiß ja nie !!

Z...

RE: sozialistisches Musterdorf

#8 von Jost , 15.11.2017 15:32

Mestlin
In den 50er Jahren entstand im heutigen Landkreis Ludwigslust-Parchim ein Musterdorf. Zentrum war das Kulturhaus. Ende der 90er war der Bau nur noch eine Ruine. Dorfbewohner gründeten den Verein „Denkmal Kultur Mestlin“ und retteten das Gebäude. Dafür gab es jetzt den Preis für Denkmalpflege. Für ein Happy End ist es aber noch zu früh.

Rückblende: In den 50er Jahren entschied die SED-Spitze, Mestlin zu einem DDR-Musterdorf zu machen. Das Zentrum bildete das Kulturhaus. „Hier fand alles statt, was man sich an sozialen Veranstaltungen vorstellen kann: Einschulungsfeiern, Jugendweihen, Fasching, Erntefeste, Weihnachtsfeiern, Silvesterpartys, Konzerte, Ausstellungen und Partei-Treffen“, sagt Claudia Stauß, 1. Vorsitzende des Kulturhaus-Vereins Mestlin. Jahrzehnte lang ging das so. Bis zu 15 Beschäftigte arbeiteten in dem Gebäude. Dann kam die Wiedervereinigung. „Das war natürlich ein krasser Bruch“, urteilt Stauß. Von jetzt auf gleich viel die Finanzierung des Kulturhauses zusammen. Zehn bis 15 Menschen verloren von jetzt auf gleich ihre Arbeit – „vom Heizer bis zum Kulturhausleiter“, sagt die Vorsitzende des Denkmalvereins. 

„Kulturhäuser wurden im Einigungsvertrag überhaupt nicht berücksichtigt. Das ist nicht nur in Mestlin so passiert, sondern überall anders auch. Betriebe wurden an die Treuhand übergeben. Aber Kulturhäuser gab es in den „Alten Bundesländern“ nicht. Darum gab es sie auch nicht in den Regelungen des Einigungsvertrages. Darum gingen sie den Bach runter und so war es in Mestlin auch.“

Dann ging es hoch und runter mit dem Kulturhaus. Erst einmal runter. Zu Beginn der 90er Jahre zog eine Großraumdisco in das Gebäude ein. Die Gemeinde verpachtete das Gebäude in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft an einen Betreiber aus Hamburg. Der versprach der Gemeinde Einnahmen und eine weitere Nutzung für andere Veranstaltungen. Aus all dem wurde aber nichts. „Sie sind komplett unter den Tisch gezogen worden. Es ist eine typische Geschichte, wie wahrscheinlich viele passiert sind“, sagt Stauß nicht ohne Bitterkeit.

Nach ein paar Jahren gingen die Lichter der Diskothek aus. Den Zustand des Gebäudes beschreibt am besten eine Chronik auf der Homepage hinterland-marktplatz.de. Dort steht: „Zurück blieb 1996 ein durch Beach-Parties, Schlammcatchen und Vandalismus ruinierter Bau, dessen Einrichtung mitsamt der Technik geplündert oder verwüstet war.“ Die Heizungsanlage war völlig zerstört, ebenso die Inneneinrichtung

Das Gebäude wäre wohl komplett zerfallen, wenn sich nicht Menschen aus dem Dorf zusammengetan hätten. 1997 gründete sich der Verein Kulturhaus Mestlin e.V. 2008 übernahm dann der heutige Verein „Denkmal Kultur Mestlin e.V.“. Deren Mitglieder bemühten sich um Fördermittel und weckte das Gebäude vor allem als Veranstaltungsort zu neuem Leben:
„Wir haben mit kleinen Partys, Ausstellungen und Veranstaltungen angefangen. Das alles hat sich in den vergangenen Jahren entwickelt.“
Insgesamt eine Million Euro haben die Denkmalpfleger in Mestlin für ihr Kulturhaus gesammelt. Dieses Engagement wurde jetzt mit der „Silbernen Halbkugel“, die als höchste Auszeichnung für den Denkmalschutz in Deutschland gilt, belohnt. Es ist ein Ehrenpreis. Geld gibt es dafür nicht. Vom Ziel, das komplette Kulturhaus zu renovieren, sind Frau Stauß und ihre Mitstreiter noch ein weites Stück entfernt:
„Wir brauchen allein für das Haus bestimmt noch drei bis fünf Millionen Euro. Die Situation ist nach wie vor noch nicht tragfähig.“
Nach wie vor ist allein die Gemeinde Mestlin verantwortlich für das Gebäude. Der Verein möchte den Bund und das Land Mecklenburg-Vorpommern mit ins Boot holen. Denn die freiwilligen Helfer möchten sich vor allem wieder darum kümmern, wozu das Kulturhaus einmal gebaut wurde: um Veranstaltungen. Vom 17. bis zum 19. November bildet das Kulturhaus Mestlin den Rahmen für den Marktplatz „Hinterland“. Es gibt Livemusik, Essen, Getränke und einen Markt für Mode, Handwerk und Kunst.


Angefügte Bilder:
mestlin0.jpg  
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zuletzt bearbeitet 15.11.2017 | Top

   

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